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Sonntag, 12. Juni 2011

aus der Sicht eines Atheisten...

Ich habe mir vor wenigen Tagen ein paar Bücher zum Schnäppchenpreis bestellt, unter anderem das Buch "Biete Seele - suche Gott! Was ein Atheist in christlichen Gemeinden erlebte" von Hemant Mehta. Kurz gesagt: bei eBay startete er die Auktion, mit der er sich verpflichtete, den oder die Gottesdienste zu besuchen, die der Meistbietende vorschlagen würde. Das alles mit dem Hintergrund, seine Annahme zu überprüfen, dass Gott nicht existiert und die Kirche ja ein Ort sein müsse, an der man das testen könne.

Da er Atheist ist, bin ich der Meinung, dass er manche Dinge nicht so beurteilen kann, wie es ein Gläubiger tut. Z.B. wenn er davon schreibt, dass die Lieder am Anfang eines Gottesdienstes dazu da sind, die Gottesdienstbesucher "in die richtige Stimmung für den Gottesdienst zu versetzen". Anbetung ist viel mehr.
Nichtsdestotrotz hat mich der kleine Abschnitt unter der Überschrift "Wo Kirchen ihr Ziel verfehlen", und dabei der Absatz "Endlose Lieder" sehr betroffen gemacht (und es war der einzige Abschnitt den ich überhaupt gelesen habe, denn ich wollte nur kurz reinschauen). Es geht mir dabei in erster Linie nicht mal um Mehtas Ansicht über Lieder selbst, sondern über seinen "Nachtrag" den er anhängt... Ich muss bei den Zeilen an mich selbst denken (vor allem meine früheren Jahre), an die Menschenschlange die sich letzten Sonntag während des Lobpreises noch in den Gottesdienstraum bewegte, an lebhafte Diskussionen mit einer Kollegin zu diesem Thema...

"(...) Ich Allgemeinen genieße ich die Musik. Ich bin aber überzeugt, dass sich viele Christen nichts daraus machen. Warum ich zu dieser Schlussfolgerung gelangt bin? Weil ich viele Menschen gesehen habe, die zu spät zum Gottesdienst kommen.
Ich habe den Eindruck, dass in vielen Gemeinden die Musik zu Beginn des Gottesdienstes als eine Art Puffer dient, damit auch Zuspätkommer nicht den "wichtigen" Teil (also die Predigt) verpassen. Ich habe allerdings den Verdacht, dass manche Leute immer später kamen, sobald sie merkten, dass zu Anfang ziemlich lange gesungen wurde, um die Lieder zu umgehen. Ich kann mir den Fortgang lebhaft vorstellen. Weil die Leute nun immer später kamen, begann man auch immer mehr zu singen ... sodass manche nun noch später kamen ... und die Musik noch länger dauerte ... Verstehen Sie, worauf ich hinaus will?
(...)
Da ich gerade über Zuspätkommer rede: ich würde gerne wissen, warum sie das tun. Sie bleiben ja wohl kaum alle im Stau stecken. Wenn Kirche so wichtig ist, gibt es keinen Grund, zu spät zu kommen. Wenn es wichtig ist, irgendwohin zu fahren um Gott anzubeten, sollte man sogar besonders früh eintreffen. Für mich ist es ein Zeichen von Respektlosigkeit (und ich vermute, ebenso für die Pastoren), wenn Menschen fünf oder zehn Minuten nach Beginn des Gottesdienstes hereinkommen. Noch schlimmer finde ich es, wenn Eltern mit ihren Kindern zu spät kommen, weil diese dann durch das Beispiel ihrer Eltern lernen, dass Unpünktlichkeit keine große Sache ist. Es ist doch nur der Gottesdienst, oder? Keine Notwendigkeit, dort pünktlich aufzutauchen. Ist es das, was Eltern ihren Kindern beibringen wollen?"
[aus "Biete Seele -Suche Gott", Hemant Mehta, S. 170f.]
  Klare Worte, die nachdenklich machen (sollten).

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